Zählkammer
Zählkammer
Die Zählkammer ist ein quantitatives Hilfsmittel zur manuellen Zählung von Zellen oder Partikeln in Flüssigkeiten. Sie wird insbesondere in der Hämatologie, Mikrobiologie, Spermatologie und Zellkulturtechnik eingesetzt, wenn automatisierte Messsysteme nicht verfügbar sind oder kontrolliert werden sollen.
Typische Einsatzbereiche sind:
- Zellzählungen im Liquor cerebrospinalis
- Kontrolle von Zellkonzentrationen in Zellkulturproben
- Spermiogramme
- Differenzierungen bei gefärbten Ausstrichen (z. B. Erythrozyten, Leukozyten)
Aufbau und Funktionsweise
Die Zählkammer ist ein Spezialobjektträger aus Glas, in den ein feines Raster eingraviert ist. Der gebräuchlichste Typ ist die sogenannte „Neubauer improved“-Kammer.
Aufbaumerkmale der Neubauer improved Zählkammer
Merkmal | Spezifikation |
---|---|
Kammerhöhe (Tiefe) | 0,1 mm (100 µm) |
Gitterfeld | 3 mm × 3 mm (9 mm²), zentriert |
Mittleres Gitterfeld | 1 mm² mit 400 kleinen Quadraten (je 0,0025 mm²) |
Volumen über 1 großes Quadrat | 0,1 mm³ = 0,0001 mL = 0,1 µL |
Das Deckglas muss exakt auf der Auflagefläche anliegen, da das definierte Zählvolumen nur durch die genaue Höhe der Kammer gewährleistet wird.
Durchführung einer manuellen Zellzählung
Vorbereitung
- Reinigung der Kammer und Deckglas mit alkoholischem Tuch
- Auflegen des Spezialdeckglases (ohne Luftblasen)
- Homogenisierung und ggf. Verdünnung der Probe
- Aufziehen der Probe mittels kapillarer Mikropipette
Befüllen der Kammer
Die Probe wird vorsichtig seitlich in die Kammer eingebracht. Dabei zieht sie sich kapillar unter das Deckglas. Der Flüssigkeitsfilm muss homogen und ohne Lufteinschlüsse sein.
Mikroskopische Auswertung
- Verwendung eines Phasenkontrast- oder Lichtmikroskops (10× oder 40×)
- Zählung in definierten Quadraten (z. B. 5 großen Quadraten im mittleren Feld)
- Zellen auf den oberen und linken Gitterlinien werden gezählt, rechts und unten nicht (nach "Eckenregel")
Beispielrechnung
Eine Probe wird 1:10 verdünnt. In 5 großen Quadraten (je 0,1 µL) werden insgesamt 320 Zellen gezählt.
- Durchschnitt pro Quadrat: 320 / 5 = 64 Zellen
- Hochrechnung auf 1 µL: 64 × 10 (Verdünnung) × 10 (Hochrechnung auf 1 µL)
- Ergebnis: 6400 Zellen/µL
Zellzahl = (gezählte Zellen / Anzahl Quadrate) × Verdünnungsfaktor / Volumen pro Quadrat
Mögliche Fehlerquellen
- Deckglas nicht korrekt aufliegend (Volumenabweichung)
- Ungleichmäßige Verteilung der Zellen (Sedimentation oder Luftblasen)
- Falsche Verdünnung oder unvollständige Durchmischung
- Verwechselung von Linienregeln beim Zählen
- Trocknung der Probe während der Auswertung
Qualitätsmerkmale und Kontrolle
Die Genauigkeit der Zählung kann durch Mehrfachzählung und Mittelwertbildung erhöht werden. Idealerweise werden zwei Kammern mit derselben Probe befüllt und unabhängig voneinander gezählt.
Auch interne Plausibilitätskontrollen mit Referenzlösungen (z. B. Latexpartikel oder definierte Zellstandards) können zur Validierung der Methode beitragen.
Normwerte und Referenzbereiche (Auswahl)
Anwendungskontext | Normwertbereich | Einheit |
---|---|---|
Leukozyten im Liquor (Erwachsene) | 0 – 5 | Zellen/µL |
Erythrozyten im Liquor | 0 | Zellen/µL |
Spermienkonzentration (WHO 2021) | ≥ 15 × 10⁶ | Spermien/mL |
Zellzahl in Zellkultur | individuell | Zellen/mL |
Verwendete Vorlage
Literatur und Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), Richtlinien zur Zellzählung
- Rili-BÄK – Bundesärztekammer: Richtlinien zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen
- Skriptum Hämatologie, Berufsfachschule für MTL, 2023