Blutausstrich & Färbungen
Blutausstrich


Der Blutausstrich (engl. blood smear, blood film) ist eine bewährte labormedizinische Methode zur mikroskopischen Analyse von Vollblut. Er dient sowohl der qualitativen als auch semi-quantitativen Zytodiagnostik der zellulären Blutbestandteile und ermöglicht die Differenzierung von Leukozyten, Erythrozyten-Morphologien und Thrombozyten.
Er ist zudem unverzichtbar für den mikroskopischen Nachweis von Parasiten (z. B. Plasmodien, Trypanosomen, Filarien) und spielt eine zentrale Rolle in der Tropenmedizin, Hämatologie und Infektionsdiagnostik.
Indikationen
- Unklare Zellzahlveränderungen im Blutbild (Leukozytose, Leukopenie, Anämien)
- Verdacht auf hämatoonkologische Erkrankungen (z. B. Leukämien)
- Nachweis von Blutschmarotzern (Plasmodien, Trypanosoma, Mikrofilarien)
- Qualitätskontrolle automatisierter Hämatologiegeräte
- Morphologische Beurteilung bei Hämolyse, Erythrozytenanomalien, Thrombozytopenie
Technik der Ausstrichherstellung
Die manuelle Ausstrichtechnik erfordert Sorgfalt und Routine. Verwendet werden zwei Objektträger:
- Ein kleiner Blutstropfen (1–2 µl kapillares oder EDTA-Blut) wird ca. 1 cm vom Rand eines Objektträgers aufgetragen.
- Ein zweiter Objektträger („Zieher“) wird in ca. 30–45° Winkel an den Blutstropfen angesetzt.
- Sobald das Blut durch Kapillarkraft unter den Zieher läuft, wird dieser mit gleichmäßigem Druck rasch über den Träger geschoben.
- Das Ergebnis ist ein keilförmiger, dünner Film mit einem gut bewertbaren Endbereich (»Monolayer«), in dem sich die Zellen nicht überlagern.
Der Ausstrich wird luftgetrocknet, ggf. mit Methanol fixiert, und anschließend gefärbt.
Färbemethoden
Zur Darstellung der Zellmorphologie werden klassische panoptische Färbungen verwendet. Die wichtigsten:
- Pappenheim-Färbung (May-Grünwald + Giemsa): Standard in der Hämatologie
- Giemsa-Färbung: Für Parasitennachweis optimiert
- Romanowsky-Typen: z. B. Wright-, Jenner-, Leishman-Färbung
- Field-Färbung: Schnellfärbung für Notfalldiagnostik, besonders in der Tropenmedizin
Vergleich wichtiger Färbemethoden
Methode | Anwendungsgebiet | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Pappenheim | Hämatologie, Differenzierung | Sehr gute Zellmorphologie | Färbezeit 15–30 min |
Giemsa | Tropenmedizin, Parasitologie | Gute Parasitenfärbung | Weniger differenziert bei Leukozyten |
Field | Tropenmedizin (Malaria) | Sehr schnell (60 s) | Geringe Differenzierung, Artefaktanfällig |
Mikroskopische Beurteilung
Der Ausstrich wird mit dem Mikroskop im 1000x-Vergrößerung (Ölimmersion) untersucht. Zu beurteilen sind:
- Leukozyten: Differenzierung nach Subtyp, Kernform, Granula, Reifegrade
- Erythrozyten: Größe, Form (Poikilozytose), Farbe (Anisochromasie), Einschlüsse (Howell-Jolly-Körper, Heinz-Körper)
- Thrombozyten: Anzahl, Aggregation, Riesenformen
- Parasiten: Plasmodienstadien (Ringform, Schizonten), Mikrofilarien, Trypanosomen
Artefakte erkennen
Falsche Technik kann zu Fehldiagnosen führen:
- „Schubartefakte“ durch zu langsames Ziehen
- Zellhaufenbildung durch zu großen Tropfen
- Zelllysierung bei zu spätem Trocknen
Qualitätsanforderungen
Ein guter Blutausstrich zeigt:
- Eine gleichmäßige Zellverteilung im Monolayer
- Keine Zellüberlagerungen oder Farbstoffniederschläge
- Klar erkennbare Zellkerne und Zytoplasmaunterschiede
Spezialformen
- Dicker Tropfen: Diagnose parasitärer Erkrankungen; kein Fixieren → Hämolyse erwünscht
- Knopfloch-Ausstrich: Bei hoher Zellzahl, zur besseren Verteilung
Normbereiche Leukozyten im Ausstrich
Zelltyp | Normalverteilung im Differentialblutbild (Erwachsene) |
---|---|
Segmentkernige Neutrophile | 50–70 % |
Stabkernige Neutrophile | 3–5 % |
Lymphozyten | 20–45 % |
Monozyten | 2–8 % |
Eosinophile | 2–4 % |
Basophile | 0–1 % |
Fehlerquellen und Tipps
- Kein EDTA-Blut älter als 2 Stunden verwenden (Morphologie-Veränderungen!)
- Zügig arbeiten – Zellveränderungen beginnen nach Minuten
- Monolayer mit Blick aufs „blasse Zentrum“ der Erythrozyten beurteilen
- Zellklumpen oder Schleppartefakte dokumentieren und mit Vorsicht interpretieren
Weiterführende Literatur
- Theml, Diem, Haferlach: Taschenatlas Hämatologie. Thieme
- Delbrück H.: Chronische Leukämien. Stuttgart 2004
- WHO: Basic Malaria Microscopy (2nd Ed.)