Blutausstrich & Färbungen: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Blutausstrich''' (engl. ''blood smear'', ''blood film'') ist eine Methode zur Präparation von [[Blut|Vollblut]] für die mikroskopische Untersuchung. Er wird zur einfachen [[Zytodiagnostik|zytologischen]] bzw. [[Hämatologie|hämatologischen]] Beurteilung der Blutzellen ([[Differentialblutbild]]) sowie dem Nachweis von [[Bakterien]], [[Filarien]], [[Plasmodien]] und anderen parasitären [[Krankheitserreger|Erregern]] im peripheren Blut verwendet.
Der '''Blutausstrich''' (engl. ''blood smear'', ''blood film'') ist eine bewährte labormedizinische Methode zur mikroskopischen Analyse von [[Blut|Vollblut]]. Er dient sowohl der qualitativen als auch semi-quantitativen [[Zytodiagnostik]] der zellulären Blutbestandteile und ermöglicht die [[Differentialblutbild|Differenzierung von Leukozyten]], [[Erythrozyten]]-Morphologien und [[Thrombozyten]].  
 
Er ist zudem unverzichtbar für den mikroskopischen Nachweis von [[Parasiten]] (z. B. [[Plasmodien]], [[Trypanosomen]], [[Filarien]]) und spielt eine zentrale Rolle in der [[Tropenmedizin]], [[Hämatologie]] und [[Infektionsdiagnostik]].
 
== Indikationen ==
* Unklare [[Zellzahlveränderungen]] im Blutbild (Leukozytose, Leukopenie, Anämien)
* Verdacht auf [[hämatoonkologische Erkrankungen]] (z. B. Leukämien)
* Nachweis von Blutschmarotzern ([[Plasmodien]], [[Trypanosoma]], [[Mikrofilarien]])
* Qualitätskontrolle automatisierter Hämatologiegeräte
* Morphologische Beurteilung bei [[Hämolyse]], [[Erythrozytenanomalien]], [[Thrombozytopenie]]
 
== Technik der Ausstrichherstellung ==
 
Die manuelle Ausstrichtechnik erfordert Sorgfalt und Routine. Verwendet werden zwei Objektträger:
 
# Ein kleiner Blutstropfen (1–2 µl kapillares oder EDTA-Blut) wird ca. 1 cm vom Rand eines Objektträgers aufgetragen.
# Ein zweiter Objektträger („Zieher“) wird in ca. 30–45° Winkel an den Blutstropfen angesetzt.
# Sobald das Blut durch Kapillarkraft unter den Zieher läuft, wird dieser mit gleichmäßigem Druck rasch über den Träger geschoben.
# Das Ergebnis ist ein keilförmiger, dünner Film mit einem gut bewertbaren Endbereich (»Monolayer«), in dem sich die Zellen nicht überlagern.
 
Der Ausstrich wird luftgetrocknet, ggf. mit Methanol fixiert, und anschließend gefärbt.
 
== Färbemethoden ==
 
Zur Darstellung der Zellmorphologie werden klassische panoptische Färbungen verwendet. Die wichtigsten:
 
* '''Pappenheim-Färbung''' (May-Grünwald + Giemsa): Standard in der Hämatologie
* '''Giemsa-Färbung''': Für Parasitennachweis optimiert
* '''Romanowsky-Typen''': z. B. Wright-, Jenner-, Leishman-Färbung
* '''Field-Färbung''': Schnellfärbung für Notfalldiagnostik, besonders in der Tropenmedizin
 
=== Vergleich wichtiger Färbemethoden ===
{| class="wikitable"
! Methode || Anwendungsgebiet || Vorteile || Nachteile
|-
| Pappenheim || Hämatologie, Differenzierung || Sehr gute Zellmorphologie || Färbezeit 15–30 min
|-
| Giemsa || Tropenmedizin, Parasitologie || Gute Parasitenfärbung || Weniger differenziert bei Leukozyten
|-
| Field || Tropenmedizin (Malaria) || Sehr schnell (60 s) || Geringe Differenzierung, Artefaktanfällig
|}
 
== Mikroskopische Beurteilung ==
 
Der Ausstrich wird mit dem Mikroskop im 1000x-Vergrößerung (Ölimmersion) untersucht. Zu beurteilen sind:
 
* Leukozyten: Differenzierung nach Subtyp, Kernform, Granula, Reifegrade
* Erythrozyten: Größe, Form (Poikilozytose), Farbe (Anisochromasie), Einschlüsse (Howell-Jolly-Körper, Heinz-Körper)
* Thrombozyten: Anzahl, Aggregation, Riesenformen
* Parasiten: Plasmodienstadien (Ringform, Schizonten), Mikrofilarien, Trypanosomen
 
=== Artefakte erkennen ===
Falsche Technik kann zu Fehldiagnosen führen:
* „Schubartefakte“ durch zu langsames Ziehen
* Zellhaufenbildung durch zu großen Tropfen
* Zelllysierung bei zu spätem Trocknen


Gibt man Vollblut direkt auf einen [[Objektträger]], so ist die Dichte der roten Blutkörperchen ([[Erythrozyten]]) meist so hoch, dass eine differenzierte Beurteilung der weißen Blutkörperchen ([[Leukozyten]]) nicht möglich ist.
== Qualitätsanforderungen ==
Ein guter Blutausstrich zeigt:
* Eine gleichmäßige Zellverteilung im Monolayer
* Keine Zellüberlagerungen oder Farbstoffniederschläge
* Klar erkennbare Zellkerne und Zytoplasmaunterschiede


== Technik ==
[[Datei:Blut smear quality zones.svg|mini|hochkant=1.4|Zonen des Blutausstrichs: Nur der Monolayer ist zur Beurteilung geeignet.]]
Man verwendet zwei Objektträger. Auf den ersten bringt man im Abstand von etwa 1 cm zu einem der schmalen Ränder den Blutstropfen auf (s. Abb.). Von der freien Seite nähert man sich mit der Kante des zweiten schräggehaltenen Objektträgers diesem Tropfen, bis er breiten Kontakt gewinnt. Dann streicht man in die andere Richtung zurück, so dass das Blut ohne Druck wie eine Schleppe ausgedünnt wird. Dadurch liegen die Blutzellen vereinzelt und können so besser beurteilt werden.


Der Ausstrich wird an der Luft getrocknet, fixiert und kann dann mit den üblichen Methoden [[Histologie#Färbemethoden der Histologie|angefärbt]] werden, zum Beispiel der [[Giemsa-Färbung]] oder der [[Pappenheim-Färbung]].
== Spezialformen ==
* '''Dicker Tropfen''': Diagnose parasitärer Erkrankungen; kein Fixieren → Hämolyse erwünscht
* '''Knopfloch-Ausstrich''': Bei hoher Zellzahl, zur besseren Verteilung


Der normale Blutausstrich wird in der [[Tropenmedizin]] auch als „Dünner Tropfen“ bezeichnet, um ihn vom sogenannten [[Dicker Tropfen|Dicken Tropfen]] zu unterscheiden, bei dem eine hohe Dichte an Blutzellen im Sichtfeld des Mikroskops gewünscht wird.
== Normbereiche Leukozyten im Ausstrich ==
{| class="wikitable"
! Zelltyp || Normalverteilung im Differentialblutbild (Erwachsene)
|-
| Segmentkernige Neutrophile || 50–70 %
|-
| Stabkernige Neutrophile || 3–5 %
|-
| Lymphozyten || 20–45 %
|-
| Monozyten || 2–8 %
|-
| Eosinophile || 2–4 %
|-
| Basophile || 0–1 %
|}


== Färbetechniken ==
== Fehlerquellen und Tipps ==
* Kein EDTA-Blut älter als 2 Stunden verwenden (Morphologie-Veränderungen!)
* Zügig arbeiten – Zellveränderungen beginnen nach Minuten
* Monolayer mit Blick aufs „blasse Zentrum“ der Erythrozyten beurteilen
* Zellklumpen oder Schleppartefakte dokumentieren und mit Vorsicht interpretieren


* [[Pappenheim-Färbung]] (panoptische Färbung, May-Grünwald-Giemsa)
== Weiterführende Literatur ==
* [[Romanowsky-Färbung]]
* Theml, Diem, Haferlach: Taschenatlas Hämatologie. Thieme
* [[Giemsa-Färbung]]
* Delbrück H.: Chronische Leukämien. Stuttgart 2004
* [[Wright-Färbung]]
* WHO: Basic Malaria Microscopy (2nd Ed.)
* [[Jenner-Färbung]]
* [[Leishmanien-Färbung]]
* [[Field-Färbung]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.labtestsonline.de/tests/blutausstrich.html?lnk=3 Weiterführende Informationen zum Blutausstrich]
* [https://www.labtestsonline.de/tests/blutausstrich.html?lnk=3 LabTestsOnline: Blutausstrich]
* [https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Blood_smears Wikimedia Commons: Blood smears]


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[[Kategorie:Blutbild]]
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[[Kategorie:Histologische Technik]]
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Aktuelle Version vom 2. Juni 2025, 10:46 Uhr

Blutausstrich

Blutausstriche mit Giemsa-Färbung
Anfertigung eines Blutausstriches (s. Text)

Der Blutausstrich (engl. blood smear, blood film) ist eine bewährte labormedizinische Methode zur mikroskopischen Analyse von Vollblut. Er dient sowohl der qualitativen als auch semi-quantitativen Zytodiagnostik der zellulären Blutbestandteile und ermöglicht die Differenzierung von Leukozyten, Erythrozyten-Morphologien und Thrombozyten.

Er ist zudem unverzichtbar für den mikroskopischen Nachweis von Parasiten (z. B. Plasmodien, Trypanosomen, Filarien) und spielt eine zentrale Rolle in der Tropenmedizin, Hämatologie und Infektionsdiagnostik.

Indikationen

Technik der Ausstrichherstellung

Die manuelle Ausstrichtechnik erfordert Sorgfalt und Routine. Verwendet werden zwei Objektträger:

  1. Ein kleiner Blutstropfen (1–2 µl kapillares oder EDTA-Blut) wird ca. 1 cm vom Rand eines Objektträgers aufgetragen.
  2. Ein zweiter Objektträger („Zieher“) wird in ca. 30–45° Winkel an den Blutstropfen angesetzt.
  3. Sobald das Blut durch Kapillarkraft unter den Zieher läuft, wird dieser mit gleichmäßigem Druck rasch über den Träger geschoben.
  4. Das Ergebnis ist ein keilförmiger, dünner Film mit einem gut bewertbaren Endbereich (»Monolayer«), in dem sich die Zellen nicht überlagern.

Der Ausstrich wird luftgetrocknet, ggf. mit Methanol fixiert, und anschließend gefärbt.

Färbemethoden

Zur Darstellung der Zellmorphologie werden klassische panoptische Färbungen verwendet. Die wichtigsten:

  • Pappenheim-Färbung (May-Grünwald + Giemsa): Standard in der Hämatologie
  • Giemsa-Färbung: Für Parasitennachweis optimiert
  • Romanowsky-Typen: z. B. Wright-, Jenner-, Leishman-Färbung
  • Field-Färbung: Schnellfärbung für Notfalldiagnostik, besonders in der Tropenmedizin

Vergleich wichtiger Färbemethoden

Methode Anwendungsgebiet Vorteile Nachteile
Pappenheim Hämatologie, Differenzierung Sehr gute Zellmorphologie Färbezeit 15–30 min
Giemsa Tropenmedizin, Parasitologie Gute Parasitenfärbung Weniger differenziert bei Leukozyten
Field Tropenmedizin (Malaria) Sehr schnell (60 s) Geringe Differenzierung, Artefaktanfällig

Mikroskopische Beurteilung

Der Ausstrich wird mit dem Mikroskop im 1000x-Vergrößerung (Ölimmersion) untersucht. Zu beurteilen sind:

  • Leukozyten: Differenzierung nach Subtyp, Kernform, Granula, Reifegrade
  • Erythrozyten: Größe, Form (Poikilozytose), Farbe (Anisochromasie), Einschlüsse (Howell-Jolly-Körper, Heinz-Körper)
  • Thrombozyten: Anzahl, Aggregation, Riesenformen
  • Parasiten: Plasmodienstadien (Ringform, Schizonten), Mikrofilarien, Trypanosomen

Artefakte erkennen

Falsche Technik kann zu Fehldiagnosen führen:

  • „Schubartefakte“ durch zu langsames Ziehen
  • Zellhaufenbildung durch zu großen Tropfen
  • Zelllysierung bei zu spätem Trocknen

Qualitätsanforderungen

Ein guter Blutausstrich zeigt:

  • Eine gleichmäßige Zellverteilung im Monolayer
  • Keine Zellüberlagerungen oder Farbstoffniederschläge
  • Klar erkennbare Zellkerne und Zytoplasmaunterschiede
Datei:Blut smear quality zones.svg
Zonen des Blutausstrichs: Nur der Monolayer ist zur Beurteilung geeignet.

Spezialformen

  • Dicker Tropfen: Diagnose parasitärer Erkrankungen; kein Fixieren → Hämolyse erwünscht
  • Knopfloch-Ausstrich: Bei hoher Zellzahl, zur besseren Verteilung

Normbereiche Leukozyten im Ausstrich

Zelltyp Normalverteilung im Differentialblutbild (Erwachsene)
Segmentkernige Neutrophile 50–70 %
Stabkernige Neutrophile 3–5 %
Lymphozyten 20–45 %
Monozyten 2–8 %
Eosinophile 2–4 %
Basophile 0–1 %

Fehlerquellen und Tipps

  • Kein EDTA-Blut älter als 2 Stunden verwenden (Morphologie-Veränderungen!)
  • Zügig arbeiten – Zellveränderungen beginnen nach Minuten
  • Monolayer mit Blick aufs „blasse Zentrum“ der Erythrozyten beurteilen
  • Zellklumpen oder Schleppartefakte dokumentieren und mit Vorsicht interpretieren

Weiterführende Literatur

  • Theml, Diem, Haferlach: Taschenatlas Hämatologie. Thieme
  • Delbrück H.: Chronische Leukämien. Stuttgart 2004
  • WHO: Basic Malaria Microscopy (2nd Ed.)

Weblinks

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